Carlos Leal - The Person Behind The Artist

Du kannst auf eine sehr interessante und erfolgreiche Karriere zurückblicken. War der Weg so, wie du ihn dir vorgestellt hast?
Nein, nicht immer. Das Leben steckt voller Überraschungen. Wenn du dich für ein Leben als Künstler entscheidest, gehst du auch unbewusst einen Deal ein. Den Deal, dass «Unsicherheit» dein ständiger Begleiter sein wird. Das gibt dem Leben eine gewisse Würze, löst aber auch gewisse Ängste aus. Ich kann behaupten, dass ich in meiner 30-jährigen Karriere sehr viel Glück gehabt habe. Es hat aber auch sehr viele Höhen und Tiefen gegeben.

Du sagst, dass die Unsicherheit ein ständiger Begleiter sein wird. Kann es sein, dass sie mit der Zeit für die Kreativität notwendig wird und sogar süchtig macht?
Die Unsicherheit ist etwas, dass dich selbstverständlich belasten kann und dich zweifeln lässt. Sie kann aber auch wecken und die Kreativität stimulieren, was bei mir der Fall ist. Die Unsicherheit führt aber auch dazu, dass du alles und v.a. dich selber ständig hinterfragst. Das ist für einen Künstler von enormer Wichtigkeit. Also ja, du brauchst als Künstler die Unsicherheit. Sie macht dir zwar Angst aber sie führt dich auch zur Inspiration.

Wie verstehen sich Carlos «der Künstler» und Carlos «der Schauspieler»?
Es gibt leider sehr wenig Platz für den Künstler, wenn der Schauspieler am Zug ist. Aber mir ist auch bewusst, dass wenn ich eine Rolle bekomme, ich in diese schlüpfe und auch etwas von mir einbringen muss. Ich glaube aber auch, dass eine Fusion der beiden Carlos möglich ist. Ich bin jetzt 52 Jahre alt, mache weiterhin Musik und seit neuem fotografiere ich auch. Ich denke, dass dies den beiden Carlos zu verdanken ist.

Schaust du dir deine Arbeiten auch an?
Ja! Ich glaube, dass ich heute wirklich selbstkritisch sein kann. Ich muss gestehen, dass ich nach 20 Jahren Schauspielerei zufrieden mit dem bin, was ich geleistet habe. Vor allem aber, bin ich sehr dankbar über alles was ich lernen durfte.

Gibt es eine Rolle, welche du besonders geliebt hast und auch im wahren Leben gerne getroffen hättest?
Ich habe vor einiger Zeit in einen Film einen Wissenschaftler gespielt, welcher eine Bombe bauen musste. Er wurde von Terroristen erpresst und hatte einen grossen Konflikt mit sich selber zu führen. Das ist die Art Charakter, welchen ich sehr interessant finde. Ein Charakter der nicht einseitig ist. Ich habe auch in einer spanischen Fernsehserie einen Bösewicht der Extraklasse gespielt. Aber auch er hatte etwas Freundliches an sich, was ihn zum Teil sogar manchmal sympathisch erscheinen liess. Mit solchen Charakteren würde ich auf einen Drink gehen und mit ihnen über die Gründe ihrer Taten zu sprechen.

Als Spanier, der in der Schweiz geboren ist und jetzt in Los angeles lebt: wie wichtig sind Wurzeln für dich?
Sie sind sehr wichtig! Sie haben mir geholfen, mich zu entwickeln. Zuerst als Rapper und später als Schauspieler. Ich konnte mich ausleben und einbringen. Die Wurzeln helfen dir aber auch am Boden zu bleiben und erinnern dich daran woher du kommst. Als ich zum Beispiel eine Rolle neben Al Pacino spielen durfte, war es mir nicht nur wichtig, was die Fans und die Kritiker dazu sagen. V.a. wichtig war mir, was meine Jugendfreunde, mein Bruder und meine Mutter dazu sagen würden. Denn sie sind neben meinen Kindern mein Motor und Antrieb im Leben.

Was würdest du dem Carlos sagen, welcher in den 90er Jahren die Idee hatte, eine Band zu gründen?
«Mann war das eine gute Idee» (sagt er lächelnd). Ich würde mich bei ihm bedanken. Danke dass er sich getraut hat. V.a. aber auch, dass er trotz den Ängsten, Risiken und Unsicherheiten weitergemacht hat. Dank ihm ist alles weitere entstanden!

Und was sagst du zum Carlos, der nach Madrid ging um Schauspieler zu werden?
Auch ihm würde ich einen grossen Dank aussprechen. Danke, dass er in Paris den Mut hatte, seine Koffer zu packen um nach Madrid zu gehen. Bevor ich Paris verlassen hatte, befand ich mich für einige Tage in Berlin. Ein Talentscout, welcher auch der Agent von Penelope Cruz war (wie ich aber erst im Nachhinein festgestellt habe), gab mir in Berlin seine Visitenkarte und bat mich nach Madrid zu fliegen. Er hat an mich geglaubt und in mir etwas Spezielles gesehen. Dies veränderte nochmals alles!

Was sagst du zum Carlos, welcher nach Los Angeles gezogen ist?
Dieser Carlos hätte etwas länger in Madrid bleiben sollen, um sich mehr vorzubereiten, mehr Chancen wahrzunehmen und erst danach nach LA zu ziehen. Aber evtl. wäre dann alles auch anders gekommen. Ich muss aber auch sagen, dass ich trotzdem sehr viel schöne und unglaubliche Dinge in LA erleben durfte. Mit meiner Frau habe ich sehr viel erlebt, dazu gelernt UND das beste Geschenk im Leben erhalten: meine Tochter.

Was würdest du zum Carlos aus der Zukunft sagen?
Vergiss nie Zeit mit deinen Liebsten, deinen Freunden und deiner Familie zu verbringen. Dies ist die Essenz des Lebens.

Wie sieht der Carlos aus der Zukunft aus?
Er lebt irgendwo in Europa, er ist viel ruhiger und er geniesst das Leben!

Und zum Schluss... Wie würde der Film deines Lebens heissen und welche Rolle würdest du darin spielen? Würdest du auch das Drehbuch selber schreiben und selber Regie führen?
Das Drehbuch würde ich übernehmen und auch Regie würde ich selber führen. Ich würde die Rolle von jemanden spielen, der sehr transparent und fast unscheinbar ist. Der Titel des Films würde heissen: «Fülle in einem leerem Raum». Das wird wahrscheinlich auch der Titel für mein Fotografie-Buch sein. Ich finde es faszinierend, wenn etwas das leer scheint, eine grosse gefüllte Seele haben kann. Denn diese Seelen haben sehr viele wundervolle Gefühle und Gefühle sind die Essenz des Lebens…

Model: Carlos Leal
Photos: Anja Wurm 
Creative direction & Styling: Lorena Lareo 
HMU: Karin Broennimann 
Anzug: denium 
Hemd: Denium 
Uhr: denium 
Location: 25hrs Hotel Zürich