Manolo Panic

Gradlinig und charaktervoll. Das ist Manolo Panic. Nach ihrem vielseitigen und von Publikum wie Kritik durchwegs positiv aufgenommenen Debut „Helpless and Strange“ legt die Indie-Rock-Formation eine Schippe drauf. Kompromissloser soll ihre Musik sein, mitreissen, etwas bedeuten. Mike Fiedler drischt auf die Drums ein und nimmt, was er kriegen kann. Janick Zumofen spielt seine Telecaster am Rande des Verarbeitbaren, am Bass hält Raphael Aardoom alles zusammen. Ramon Margharitis’ warme Charakterstimme und seine persönlichen Texte verleihen dem Ganzen die nötige Erdung. Zusammen erschaffen sie immer wieder neu zu entdeckende Soundlandschaften mit Wiedererkennungswert zu jeder Sekunde. Manolo Panic ist durchdachte Gitarrenmusik mit grossen Refrains und zugänglichen Melodien. Die behandelten Themen sind einfach, bieten aber meist mehr Stoff als beim ersten Hören vermutet. Man erkennt den jugendlichen Schweiss der Dringlichkeit genauso wie die grosse Erfahrung aus fast zehn Jahren gemeinsamer Geschichte der Mitglieder. Und es klingt, als hätte Manolo Panic im New Sound Studio bei Tommy Vetterli ein neues Zuhause gefunden. Mal geht ein Rhythmus auf schnellstem Weg in die Hüften, mal eine Textzeile direkt durch die verstecktesten Türen im Kopf, wo man wirklich niemanden erwartet hätte. Ihre Tourneen führen Manolo Panic in so ziemlich jede Venue in der Schweizer Heimat, in die Clubs Londons, auf die Bühnen Deutschlands und in die grossen Weiten der USA. Die vielen Konzerte und das gemeinsam Erlebte machen die Indie-Rocker zu dem, was sie sind: Eine verdammt gute Live-Band, die von den engen Hosen bis zu den Lederwesten alles zum Tanzen bringt, sei es in einem verschwitzten Klub oder auf einer grossen Festivalbühne.

CHINCHILLA
Mit der Vergangenheit abschliessen oder ihr nachjagen? Auf Chinchilla, dem Zweitling der Schweizer Indie-Rock Helden Manolo Panic, entscheidet sich die Band für ersteres. Der Sound ist roher als auf ihrem Debut-Album und der kürzlich veröffentlichten EP. Die Texte sind eindeutiger, die Stirn glänzt etwas mehr als die Schuhe. Schmierig verzerrte Gitarren, durch den Fleischwolf gedrehte Drums und das wiederkehrende Motiv des Ortes, an dem man lieber nicht wäre, stehen exemplarisch für die vorherrschende Aufbruchsstimmung. Trotzdem wagt Sänger Ramon Margharitis einige Blicke zurück und fragt sich, was es bedeuten würde, zu bleiben und ob sich vielleicht sogar ein Kampf lohnen würde. Eine gewisse Zerrissenheit präsentiert sich also in den Texten. Musikalisch regiert aber ein umso grösserer Reichtum an Abwechslung das Album. Und Manolo Panic können vieles. Auf der Vorabsingle „Mary Ann“ setzt das Quartett auf sein oft bewiesenes Talent für tanzbaren Indie-Rock mit eingängigen Melodien. Gleich im folgenden Song „You Got Me On My Knees“ wird aber die aufmüpfige Neuausrichtung klar. Auf den Knien wird gebettelt, gezweifelt, mit sich gerungen. Die Einsicht ist aber eigentlich von Beginn weg da: es gibt keine weitere Chance, der Blick gehört nach vorne gerichtet. Dort wartet mit „Broken Bottles“ gleich das nächste Riff, das sich am Blues bedient und den Wüstenrock neu erfindet. Bis zum souligen letzten Takt des letzten Tracks dominieren die ernsten Themen und werden gekonnt in bittersüsse, verdammt grossartige Musik verpackt. Das Saxophon-Solo in eben diesem „Wasting Time“ dürfte schliesslich auch dem letzten klar machen, dass Manolo Panic mit Chinchilla keine Zeit verlieren und die Vergangenheit mit einem letzten leidenschaftlichen Zungenkuss hinter sich lassen.